Testkäufe durch Kinder und Jugendliche
Das Sozialministerium Baden-Württemberg hat als das für das Jugendschutzgesetz zuständige Ressort seine bisherige kritische Haltung zu Testkäufen modifiziert. Jugendliche - nicht Kinder - können künftig unter bestimmten, eng gefassten Voraussetzungen im Auftrag von Kommunen oder der Polizei für Testkäufe eingesetzt werden, wenn dies angezeigt ist, um die Einhaltung jugendschutzrechtlicher Bestimmungen zu gewährleisten.
Hier finden Sie die Voraussetzungen für die Durchführung von Testkäufen durch Jugendliche nach dem Jugendschutzgesetz. Sie sind seitens des Sozialministeriums mit dem Innenministerium, dem Justizministerium, dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport, dem Wirtschaftsministerium sowie dem Einzelhandelsverband Baden-Württemberg abgestimmt.
Das Ministerium begründet seine modifizierte mit folgenden Entwicklungen:
- dem zunehmenden Alkoholkonsum und vor allem -missbrauch durch Jugendliche und - zum Beispiel - das als "Vorglühen" bekannte Trinkverhalten vor dem Besuch von Clubs und Diskotheken
- den alkoholkonsumbedingten Ruhestörungen und Verschmutzungen im öffentlichen Raum, mit denen insbesondere die Kommunen zu kämpfen haben, sowie alkohol-beeinflusste Gewalttaten mit teilweise schwerwiegenden Folgen für die Opfer
- das teilweise exzessive Spielen von zum Teil extrem gewalthaltigen Computer- und Konsolenspielen durch Kinder und Jugendliche
Diese Gründe sind durchaus nachvollziehbar, allerdings ist es durch zahlreiche Fernsehsendungen und andere Medienberichte hinlänglich bekannt, dass das JuSchG von Erwachsenen häufig ignoriert wird, sei es aus Unkenntnis, aus Bequemlichkeit oder aus kommerziellen Gründen.
Nach wie vor sind wir der Meinung, dass gesetzliche Vorgaben und Strafandrohungen nicht immer ausreichen, um das Jugendschutzgesetz durchzusetzen. Gewerbetreibende müssen auch vom Sinn und der Notwendigkeit dieser gesetzlichen Regelung überzeugt werden, sie müssen "mit ins Boot geholt werden". Ihre Motivation sowie die Bereitschaft zum Gespräch könnte sinken, wenn sie zuvor durch Jugendliche "vorgeführt" wurden. Dies ist beim Einsatz von Testkäufen zu bedenken. Es ist notwendig, hier Möglichkeiten zu entwickeln, mit Gewerbetreibenden "an einem Strang zu ziehen" im Sinne des Jugendschutzgesetzes und zum Wohl von Kindern und Jugendlichen.
Für die Aktion Jugendschutz bleiben Testkäufe aus pädagogischer Sicht problematisch. Die Schwellenangst von Jugendlichen wird abgebaut. Sie erleben - sofern sie es sich bisher noch nicht getraut haben - in einem geschützten Rahmen, wie einfach es ist, unabhängig von gesetzlichen Altersbeschränkungen Suchtmittel oder auch Medien zu erwerben. Jugendliche werden bei solchen Aktionen funktionalisiert und zu einer unguten Art der Überwachung angeleitet oder zumindest darin unterstützt.
Will man Jugendliche und Gewerbetreibende gleichermaßen mit der Problematik konfrontieren, wäre es sinnvoller, sie zum Beispiel im Rahmen eines Unterrichtsprojektes miteinander ins Gespräch zu bringen und dabei auch Mitarbeiter/innen des Jugendamtes hinzu zu ziehen.